Zwischen Venedig, Wien und Pest

(1699–1918)

Während des Großen (Wiener) Türkenkrieges (1683-1699) wurden große Teile Kroatiens und Slawoniens von der osmanischen Herrschaft befreit und die Grenzen der Republik Dubrovnik endgültig definiert. An diesem Krieg beteiligte sich auch die Venezianische Republik, die ihre Machtpositionen in Dalmatien festigte.

Im Laufe des 18. Jahrhunderts war Kroatien zwischen der Herrschaft der Habsburgischen Monarchie und der Republik Venedig aufgeteilt. Darüber hinaus waren Kroatien und das zu den habsburgischen Ländern gehörende Slawonien in die Banschaft Kroatien und die Militärgrenze (Vojna Krajina) unterteilt. Die Banschaft Kroatien war verwaltungspolitisch dem ungarischen Teil der Monarchie unterstellt, und die Militärgenze stand unter direkter administrativer Verwaltung Wiens. Die Gebiete unter der venezianischen Herrschaft waren in die Provinzen Dalmatien und Istrien eingeteilt.

Die Pragmatische Sanktion ist ein 1712 vom Kroatischen Sabor verabschiedeter Gesetzesartikel, durch den anerkannt wird, dass das Erbfolgerecht der Habsburgischen Dynastie auf eine weibliche Person (Maria Theresia) übertragen werden kann. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Pragmatische Sanktion in den bedeutendsten Rechtsakten kroatischer Institutionen der Staatsgewalt als ein Bestandteil des kroatischen Staatsrechtes hervorgehoben.

Während der Eroberungszüge Napoleons Anfang des 19. Jahrhunderts wurden für einen kurzen Zeitraum einige kroatische Länder im Rahmen der Illyrischen Provinzen wiedervereinigt. Zeitgleich verschwanden die Republik Venedig und die Republik Dubrovnik. Die Franzosen waren bemüht, sowohl die wirtschaftliche als auch die kulturelle Situation zu verbessern und begannen mit der Modernisierung der Verwaltung und des Schulwesens, und letztlich erreichten so die revolutionären Ideen Kroatien zumindest zu einem gewissen Grad.

Kroatien im 18. Jahrhundert
Kroatien gegen Ende des 19. Jahrhunderts
Der kroatische Ban Josip Jelačić (1801–1859), hob die Leibeigenschaft auf, gründete den Banal-Rat (kroatisch: Bansko vijeće) als eine Art selbstständiger kroatischer Regierung und führte die kroatische Sprache in die Schulen und in den offiziellen Amtsgebrauch ein. Er wirkte bei der Erhebung des Zagreber Bistums zum Erzbistum mit und vereinigte Kroatien, Slawonien, die Militärgrenze, Rijeka und Međimurje. Er ist ein Symbol der Verteidigung kroatischer Eigenstaatlichkeit und nationaler Interessen.
Kroatischer Sabor von 1848 (Gemälde von Dragutin Weingartner), Tagung des ersten kroatischen Bürgerparlaments. Der Kroatische Sabor verabschiedete die Aufhebung der Leibeigenschaft sowie die Regelung der Beziehungen zu Ungarn und Österreich.
Ivan Mažuranić (1814–1890) war Politiker und Schriftsteller sowie der erste kroatische Ban (1873–80) nichtadeliger Abstammung. Gemessen an Intensität und Bedeutung seiner Reformen (Verantwortung der Regierung gegenüber dem Sabor, Trennung von Gerichtswesen und Verwaltung, Unabhängigkeit der Richter, Pressefreiheit, Recht auf öffentliche Versammlungen, Gründung der Universität zu Zagreb, u.a.) hatte er im Zeitraum bis zum Jahr 1918 nicht seinesgleichen. Mažuranić vervollständigte das Epos Osman von Ivan Gundulić (Gesänge XIV und XV) und schuf das Epos Der Tod des Smail-Aga Čengić.

Das Fehlen der territorialen Integrität sorgte auch weiterhin für unablässige Unzufriedenheit. Aus diesem Grunde entwickelte sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine nationale, politische und kulturelle Bewegung, bekannt unter dem Namen Kroatische Nationale Wiedergeburt oder Illyrische Bewegung. Die wichtigsten Träger dieser Bewegung kamen aus der Schicht des neu entstandenen Bürgertums, ihr bedeutendster Vertreter hieß Ljudevit Gaj (1809 – 1872). Hinsichtlich Kultur bezog sich das Programm auf die Schaffung einer einheitlichen Rechtschreibung und auf die Einführung einer gemeinsamen Literatursprache. In Bezug auf die Politik verlangte man die Vereinigung Kroatiens, Slawoniens, Dalmatiens, Rijekas, der Militärgrenze, wie auch Bosniens und der slowenischen Länder zu einem Staat, der in Gemeinschaft mit Ungarn einen Bestandteil der Habsburgischen Monarchie bilden solltte.

Der Kroatisch-Ungarische Ausgleich. Durch diesen Rechtsakt regelten das Königreich Kroatien und Slawonien und Ungarn ihre gegenseitigen staatsrechtlichen Beziehungen. Mit Abschluss des Ausgleichs wurde das kroatische Volk politisch anerkannt. Dem kroatischen Volk wurden, neben einer grundsätzlichen Anerkennung seines Territoriums (mit Ausnahme von Rijeka), eine eigenständige regionale Verwaltung überlassen sowie ein eigenes Gerichts- und Schulwesen mitsamt Religionsunterricht als autonome Angelegenheiten und Kroatisch als Amtssprache zugesprochen. Jedoch verlor das Königreich Kroatien und Slawonien dadurch seine finanzielle Selbstständigkeit, und der Ban wurde dem Präsidenten der Ungarischen Regierung unterstellt.

Josip Juraj Strossmayer (1815-1905) war Bischof von Đakovo, Politiker und Mäzen. Er wurde durch seine Reden auf dem Ersten Vatikanischen Konzil berühmt, vor allem durch seine Ablehnung des Dogmas von der Unfehlbarkeit des Papstes. Politisch wirkte er auf die Vereinigung aller Südslawen hin. Er gründete die Akademie der Wissenschaften und Künste.
Ante Starčević (1823–1896) war Politiker, Gründer und Anführer der Partei des Rechtes. Mit der Parole: "Weder unter Wien noch unter Pest, sondern für ein freies, selbstständiges Kroatien!" vertrat er die Politik der vollen nationalen Freiheit und Unabhängigkeit.
Matica hrvatska (kroatisch für "Stammmutter Kroatien"), eine Institution zur Förderung der kroatischen Kultur, wurde im Jahr 1842 in Zagreb unter dem Namen Matica ilirska gegründet. Ihren heutigen erhielt sie im Jahr 1874. Auch andere slawische Völker in der Habsburgischen Monarchie (Tschechen, Slowaken, Polen, Serben, Slowenen) gründeten ähnliche Kulturvereine. Bis heute entwickelt Matica hrvatska bedeutende und umfangreiche Tätigkeiten im Bereich der Kultur und des Verlagswesens. Über ihr Filialennetz wirkt sie in Kroatien, in Bosnien und Herzegowina sowie weltweit.

Die Politik der Nationalen Wiedergeburt kam in Kroatien besonders stark während der Revolution 1848/1849 zum Ausdruck. Die Ernennung zum Ban erhielt Josip Jelačić, der zudem zum Kommandanten der Militärgrenze und zum Statthalter von Rijeka und Dalmatien ernannt wurde. Während seiner Herrschaft als Ban wurden nach mehreren Jahrhunderten die meisten kroatischen Länder wiedervereinigt.

Die Vereinigung war aber nur vorübergehend. Schon im Jahr 1849 wurde nämlich von Wien ein absolutistisches Regime eingeführt, durch welches die kroatische Autonomie eingeengt wurde. Obwohl der Absolutismus im Jahr 1866 abgeschafft wurde, schloss Wien im Jahr 1867, anstatt die kroatische Autonomie wiederherzustellen, mit Pest den Österreichisch-Ungarischen Ausgleich ab. Durch diesen Ausgleich wurden, entgegen den kroatischen Interessen, Istrien und Dalmatien der österreichischen Reichshälfte angeschlossen und Kroatien dem ungarischen Teil der neu gegründeten Doppelmonarchie Österreich-Ungarn unterstellt. Unter solchen Gegebenheiten wurde 1868 auch der Kroatisch-Ungarische Ausgleich abgeschlossen, durch den zwar eine erweiterte Autonomie des Königreichs Kroatien und Slawonien eingeräumt, dessen Vereinigung mit Dalmatien im Rahmen der Doppelmonarchie jedoch nicht gewährt wurde. Es wurde deshalb nach anderen Lösungen gesucht, insbesondere nachdem Bosnien und Herzegowina im Jahr 1878 von Österreich-Ungarn besetzt worden war.

Für einen Zusammenschluss der Südslawen setzten sich Bischof Josip Juraj Strossmayer und der Historiker Franjo Rački ein, während Ante Starčević und Eugen Kvaternik für die Unabhängigkeit Kroatiens eintraten. Eugen Kvaternik versuchte im Jahr 1871 einen bewaffneten Aufstand zu erheben, mit dem Ziel einer Loslösung Kroatiens von der Monarchie Österreich-Ungarn.

Frano Supilo (1870-1917) war Politiker und Publizist. Im Jahr 1916 schied er wegen Missbilligung der zentralistischen Konzeption über die Vereinigung aller Südslawen aus dem Jugoslawischen Komitee aus.
Ante Trumbić (1864-1938) war Politiker. Von 1903 an zählte er, gemeinsam mit Frano Supilo, zu den Trägern der Politik der "neuen Richtung". Von 1915 bis 1918 war er Präsident des Jugoslawischen Komitees in Emigration, eines Ausschusses, der mit der serbischen Regierung über die Vereinigung der Südslawen verhandelte. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Trumbić zum Außenminister des Königreiches Jugoslawien, ab 1920 befand er sich in der Opposition.
Svetozar Borojević (1856–1920), österreichisch-ungarischer Feldmarschall. Als Befehlshaber der 5. Armee organisierte er die Verteidigungsfront am Fluss Isonzo und schlug eine Reihe italienischer Offensiven zurück, um den Fall großer Teile Kroatiens und Sloweniens unter Italien zu verhindern.

Es entstanden auch die ersten serbischen Parteien, die zunächst eng mit den regierenden ungarischen Kreisen und später mit dem Königreich Serbien zusammenarbeiteten. Kurz vor und während des Ersten Weltkriegs kamen zwei Konzeptionen stark zum Ausdruck, die sich mit der Idee der Vereinigung zu einem südslawischen Staat auseinandersetzten. Die kroatischen Politiker, allen voran Frano Supilo und Ante Trumbić, die als Emigranten politisch aktiv waren, setzten sich für eine Föderation gleichberechtigter Völker ein, in der die kroatische Eigenstaatlichkeit gewährt werden sollte. Unterdessen unternahm die serbische Regierung Versuche, den Krieg zur Schaffung eines Großserbiens, das neben Bosnien und Herzegowina auch große Teile Kroatiens umfassen sollte, oder zur Errichtung eines gemeinsamen Staates mit serbischer Hegemonie auszunutzen.

Während des Ersten Weltkrieges (1914 – 1918) war Kroatien nicht direkt in die Kampfhandlungen verwickelt, aber die Soldaten aus kroatischen Ländern kämpften zuhauf in österreichisch-ungarischen Militärtruppen an der Balkanfront, an der Ostfront und an der italienischen Front (es wird geschätzt, dass mehr als 137.000 Menschen dabei ums Leben kamen). So befand sich Kroatien am Kriegsende an der Seite der besiegten Mächte und wurde mit den territorialen Ansprüchen Italiens und Serbiens konfrontiert, die im Krieg zu den Verbündeten der Siegermächte gehörten. Der Kroatische Sabor brach am 29. Oktober 1918 alle staatsrechtlichen Beziehungen zu Österreich-Ungarn ab, erklärte die Unabhängigkeit Kroatiens und beschloss, dem Staat der Slowenen, Kroaten und Serben beizutreten. Da der neue Staat aber nicht international anerkannt wurde, ging, ungünstige Bedingungen in Kauf nehmend, er am 1. Dezember 1918 die staatliche Vereinigung mit dem Königreich Serbien und dem Königreich Montenegro ein.