Demografischer Wandel
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Mit einer Bevölkerungsdichte von 68 Einwohnern/km² (laut Volkszählung 2021) ist Kroatien eines der dünner besiedelten europäischen Länder, wie Norwegen, Finnland, Schweden Estland, Lettland, Litauen, Irland und Bulgarien.
In den letzten 150 Jahren wurde die demografische Entwicklung Kroatiens von mehreren Faktoren beeinflusst; zu den wichtigsten Faktoren gehören eine kontinuierliche und manchmal intensive Auswanderung der Bevölkerung in die europäischen und Überseeländer, die beiden Weltkriege sowie der Heimatkrieg.
Obwohl sich in den letzten 160 Jahren (1857–2021) die Bevölkerung Kroatiens fast verdoppelt hat, stellt dies im Vergleich zu den anderen Ländern einen eher geringen Anstieg dar (so vergrößerte sich zum Beispiel die Bevölkerungszahl in den Niederlanden im gleichen Zeitraum 5,3 Mal). Im Großen und Ganzen stieg die Bevölkerung an, mit besonders hohen Wachstumsraten im späten 19. Jahrhundert, als in Kroatien die erste, durch hohe Raten der natürlichen Bevölkerungsveränderung geprägte Etappe der demografischen Transition einsetzte. Jedoch kam es Anfang des 20. Jhs. zur verstärkten Auswanderung und dadurch verringerte sich die Rate des Bevölkerungszuwachses. Durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges und die Epidemie der Spanischen Grippe kam es sogar dazu, dass zum ersten Mal die tatsächliche Zahl der Gesamtbevölkerung gesunken war. Die 1920er Jahre brachten eine leichte Verbesserung, aber danach folgten wieder die neuen Kriegsgeschehnisse im Zweiten Weltkrieg, begleitet von einem weiteren Rückgang der Bevölkerung.
Ein rascheres Bevölkerungswachstum im Zeitraum von 1960 bis 1980 wurde jedoch durch eine verringerte natürliche Bevölkerungsveränderung verzögert, die im direkten Zusammenhang zu der negativen Geburtenrate und der verstärkten Auswanderung der Menschen auf der Suche nach der "Gastarbeit" im Ausland stand. Unter diesen Bedingungen erlebte die Bevölkerung Kroatiens eine beschleunigte demografische Transition. Bereits die späten 1980er Jahre wurden von einer niedrigen Rate der natürlichen Bevölkerungsentwicklung geprägt, die keineswegs dem wirtschaftlichen Entwicklungsgrad entsprach. Mit einer derart geschwächten Basis der (vor allem reproduktiven) Bevölkerung machte Kroatien in den 1990er Jahren einen weiteren Krieg und eine wirtschaftlich unsichere, prekäre Nachkriegszeit durch. All das hatte den dritten Rückgang der Bevölkerungszahl an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert zur Folge. Das verstärkte sich durch die Auswanderung nach dem Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union, zumeist nach Deutschland, Irland und Österreich. Laut der Volkszählung von 2021 leben etwa 3,9 Millionen Menschen im Lande, mit einer Bevölkerungsdichte von 68 Einwohnern/km².



Dieser langandauernde Bevölkerungsschwund hat mittlerweile viele negative Folgen mit sich gebracht, wie die Verringerung der Kernbevölkerung, welche die neuen Generationen zur Welt bringt, die Reduktion der erwerbsfähigen Bevölkerung und den zunehmenden Pflegebedarf der ältergewordenen Bevölkerung; mit anderen Worten – die erhöhte wirtschaftliche und steuerliche Belastung des Staatshaushaltes in den Bereichen der Renten-, Sozial- und Krankenversicherung und -versorgung älterer Menschen u. Ä.
Neben dem Bevölkerungsrückgang ähnelt die zeitgenössische demografische Situation in Kroatien in vielerlei Hinsicht jener in den restlichen Mitgliedsländern der Europäischen Union. Zusätzlich prägen sie drei weitere Prozesse: die Alterung der Bevölkerung, der natürliche Bevölkerungsschwund und die räumliche Polarisierung der Bevölkerung.
Mit der erhöhten Lebenserwartung auf 81 Jahre für Frauen und 75 Jahre für Männer nimmt die Alterung immer rascher zu. Das durchschnittliche Lebensalter ist von den ehemaligen, vor 60 Jahren geltenden 30,7 Lebensjahren auf die heutigen 44,3 Jahre gestiegen. Im Alter von 65 Jahren oder älter ist heutzutage fast ein Viertel der kroatischen Bevölkerung (22 %), vor rund 50 Jahren lag dieser Anteil bei 12 Prozent. Während der Anteil der Bevölkerung im Grundschulalter (bis 14 Jahren) heute nur 14 Prozent der Gesamtpopulation ausmacht, belief sich dieser Anteil Anfang der 1960er Jahre auf 27 Prozent. Eng verbunden mit dem Prozess der Bevölkerungsalterung ist der natürliche Bevölkerungsschwund beziehungsweise die Verringerung der Bevölkerungszahl aufgrund einer höheren Anzahl von Verstorbenen im Vergleich zu den Lebendgeborenen. Dazu kommt auch noch der Rückgang der durchschnittlichen Anzahl der lebendgeborenen Kinder pro Frau im gebärfähigen Alter (1,5), womit sich Kroatien an die Seite der anderen europäischen Länder positioniert hat.
Genauso wie die restlichen demografischen Prozesse in Kroatien hat auch diese natürliche Bevölkerungsentwicklung von -6,8 Promillen eine jahrzehntelange Geschichte. Seit den 1950er Jahren nimmt die Natalität ständig ab, ab den 1970er Jahren steigt die Mortalität an, und von den 1990ern an, als die Sterberate durch die Kriegsverluste zunahm, weist auch die natürliche Bevölkerungsentwicklung negative Werte auf.
Auf Initiative Kroatiens wurde das Thema der demographischen Wiederbelebung in das strategische Programm der Europäischen Union bis 2024 aufgenommen. Die kroatische Europaabgeordnete Dubravka Šuica hat ab 2019 auch das fünfjährige Amt der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für Demokratie und Demographie inne.